Judy Winter wurde 1944 unter ihrem bürgerlichen Namen Beate Richard geboren. Ihr Künstlername setzt sich aus ihren Lieblingsschauspielerinnen Judy Garland und Shelley Winters zusammen.
Nachdem es in frühen Jahren mit der Tanzkarriere am Ballett nichts wurde, konzentrierte sie sich auf’s Schauspiel. Erst erfolgreich am Theater, dann auch in Kino und Fernsehrollen. Zum Synchron kam sie durch den Schauspielkollegen und Synchronregisseur Ottokar Runze. Er besetzte sie auf Lois Chiles in „Der große Gatsby“ (1974) und kurz darauf auf Faye Dunaway in „Chinatown“ (1974). Derweil ist Judy Winter hierzulande die Stimme von US-Amerikanerin Jane Fonda, etwa als Hotelbesitzerin Vivian die in der Komödie „Book Club - Das Beste kommt noch“ (2018) mit ihrem Ü60 Buchclub „Fifty Shade of Grey“ liest. Als Synchronsprecherin von Vanessa Redgrave vertont sie die zweifache Golden-Globe-Preisträgerin u.a. in der romantischen Komödie „Briefe an Julia“ (2010) als Verfasserin eines fünfzig Jahre alten Liebesbriefes. Shirley MacLaine synchronisierte sie in „Coco Chanel“ (2008) als die gealterte Modeschöpferin. Aus der populären Hörspielreihe „Die Drei ???“ kennt man Judy Winters einnehmende Stimme von der gewissenlose Psychologin Dr. Clarissa Franklin.
Für ihre Vertonung von Liv Ullmann in Ingmar Bergmans „Szenen einer Ehe“ (1973) wurde Judy Winter mit der goldenen Kamera geehrt. Mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse wurde sie überdies auf Grund ihres langjährigen sozialen Engagements ausgezeichnet.
Hier ist unser Interview mit der großen Schauspielerin und Synchronsprecherin Judy Winter:
Judy Winter übersprang einfach den üblichen Karriereweg im Synchron, wurde nicht auf kleine Neben. Und Ensemblerollen besetzt, sondern sprach gleich für die großen Namen. Sehr schnell konnte sie mit ihrer schauspielerischen Erfahrung auftrumpfen. Schon als Jugendliche hatte sie regelmäßig auf großen Bühnen Theater in Bremen, Trier oder Stuttgart gespielt, zuvor trainierte sie als Lehrerin im Alter von 13 Jahren bereits das Kinderballett am Nationaltheater Mannheim – sie war sehr großgewachsen und gab sich einfach als 18 aus. Sie wurde auf die großen Schauspielerinnen Shirley MacLaine, Liv Ullmann (für deren Rolle in „Szenen einer Ehe“ ihr die Goldene Kamera als Synchronsprecherin verliehen wurde – ein einmaliger Vorgang) und eben Jane Fonda besetzt.
Judy Winter als Stimme von Jane Fonda
Wunderbar! Weil sie da so eine komische Seite zeigt, die man gar nicht gewohnt war von ihr
Erst im höheren Alter wurde Judy Winter die Feststimme von Jane Fonda. Im Film „Das Schwiegermonster“ (2005) synchronisierte sie die Kino-Ikone der 60er und 70er Jahre das erste Mal. ihrer langen Leinwandpause. Seitdem immer wieder, zuletzt in „Book Club – Das Beste kommt noch“ (2018), auch wieder eine Komödie. Mit dem politischen Engagement der Fonda kann sich Judy Winter auch sehr identifizieren. In den 70er Jahren protestierte Fonda gegen den Vietnamkrieg und engagierte sich gegen Atomenergie. Fonda ist zweifache Oscarpreisträgerin. Nachdem sie sich in den 80er Jahren hauptsächlich mit Fitness- und Aerobicvideos einen Namen machte, zog sie sich 15 Jahre aus dem Filmgeschäft zurück. Mit „Das Schwiegermonster“ (2005) feierte sie ihr Comeback.
Das Schwiegermonster (2005) - Judy Winter als Jane Fonda:
Ich denke manchmal schon an Ruhestand
Wenn sie viel dreht, morgens im Dunkeln aus dem Hause geht und abends im Dunkeln wieder nach Hause kommt, da komme ihr schon dieser Gedanke. Sie fügt mit Augenzwinkern hinzu: „Aber das geht glaube ich nicht“ – und es wäre auch ein großer Verlust für die Branche
Das ist ein Papageienjob
Es sei wichtig, sagt Judy Winter, gebannt zu sein von der Stimme. Ein guter Synchronsprecher ordnet sich unter. Man sei da ein Papageientalent. Auch die Synchronsprecherin Karin Buchholz sagte uns schon im Interview „Das ist ein Papageienjob“. Die Formulierung ist aber eher mit Augenzwinkern zu interpretieren. Synchronsprecher sprechen eben nach und sind an feste Vorgaben ihrer Schauspieler gebunden. Für’s Synchron sei auch Musikalität sehr wichtig. Man nimmt den Rhythmus emotional und technisch von Schauspieler ab. Text und Gefühl müssen sich treffen. Dann ist es gutes Synchron. „Ich versuche ehrlich zu sein im Timing der Schauspielerin. Die Atmer, die Stotterer und das Zögern müsse man übernehmen, damit es authentisch ist.“
Es ist alles sensibler geworden
Die Technik erlaubt es heute natürlich, viel genauer zu arbeiten als noch vor 40 Jahren. Manchmal sei aber auch in anderer Hinsicht sehr schwer sich auf emotionale Rollen einzulassen, wenn man unter großem Zeitdruck stünde. Denn trotz der technischen Errungenschaften drückt der Zeitdruck, unter dem fast alle Synchronproduktionen heute stehen, auf die Qualität. Und wenn man dann nichts Neues mehr ausprobieren kann und ein Take den anderen jagt, ist das auf jeden Fall ein Nachteil für die gesamte Synchronbranche.
Neuen Nachwuchssprechern rät Judy Winter vor allem, sich die eigene Motivation genau bewusst zu machen:Warum willst du das? Was sind deine Träume dabei? Und sie rät: Vergiss die Träume. Mach dir bewusst, dass es harte Arbeit ist und Ruhm dabei keine Rolle spielen wird.
Auch als Sängerin war Judy Winter in den 70er Jahren bekannt. Hier bei einem Fernsehauftritt mit dem Titel „Eine Frau von 30 Jahren“ (1979):
Sie stand zu dem, was sie sagte und zu dem, was sie war – Wo findet man das noch heute?
Das verrät uns Judy Winter auf die Frage nach ihrer Faszination von Marlene Dietrich. Judy spielte die Dietrich 20 Jahre lang im Erfolgsstück „Marlene“ auf der Bühne des Renaissancetheaters in Berlin. Ein voller Erfolg. Kritiker und Zuschauer begeisterten sich für das authentische Spiel von Judy, die auch Marlenes berühmteste Chansons sang.
Marlene Dietrich hatte auch dunkle Seiten: sie war bekannt für ihren plötzlichen Zorn, Wutausbrüche und Alkoholexzesse. Darunter litten vor allem Untergebene, Angestellte, Boten. Doch Judy bewundert die Frau vor allem für ihren Mut in einer schwierigen Zeit. Den Mut, in den 30er und 40er Jahren zu ihrer Bisexualität zu stehen. Den Mut, als Frau Hosenanzüge zu tragen (sogenannte „Marlene“-Hosen, wie sie heute in der Mode genannt werden). Und auch den Mut, zu Deutschland zu stehen, aber eben nicht zu den Nationalsozialisten unter Hitler. Unter Hitler wollte sie keine Deutsche sein. Während des zweiten Weltkriegs propagierte sie im Auftrag der USA gegen Hitler-Deutschland, unterhielt amerikanische Truppen, auch nah an der Frontlinie, sang Chansons. Die Dietrich starb 1992. Sechs Jahre später feierte Judy Winter mit dem Bühnenstück „Marlene“ Premiere in Berlin.
20 Jahre lang stand Judy Winter als Marlene Dietrich im Erfolgsstück „Marlene“ auf der Bühne des Renaissancetheaters in Berlin:
Wir haben so viel Spaß gehabt!
Während der Dreharbeiten zur Fernsehkomödie „Club Las Piranjas“ lernte Judy Winter auch Hape Kerkeling kennen. Mit der Schauspielerin und Sängerin Angelika Milster (sie spielte neben Kerkeling die Animateurin Biggi des chaotischen Pauschal-Cluburlaubs) sammelte Judy Winter das Buffetessen ein und fütterte damit die hungernden Straßenhunde am Drehort. Gedreht wurde damals in Ägypten.
Über Hape Kerkeling sagt Judy, dass sie ihn als einen ernsthaften und wunderbaren Menschen kennengerlernt hat.
Du bist auch nur ein Komiker, wenn du dafür bezahlt wirst.
Später sagt uns Judy zum ähnlichen Thema Komik im Synchron: Man bringt die Leute ja eher leichter zum Weinen als zum Lachen. Dahingehend war „Das Schwiegermonster“ (2005) auch eine der herausforderndsten Rollen, für die sie Jane Fonda sprechen durfte.
Hier sehen wir Judy Winter in einem Schwarz/Weiß Fernsehspiel:
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