Johannes Raspe wurde am 29. November 1977 in München geboren. Als Sohn des Schauspielers Horst Raspe kam er früh in Kontakt mit dem Mikrofon.
„Mein Vater wollte nicht, dass meine Schwester und ich zu verzogenen Synchronkindern werden.“ Lange konnte Horst Raspe seinen Beruf nicht geheim halten – ein Aufnahmeleiter sprach am Telefon mit Johannes‘ Schwester. Die bekam ihre erste Rolle und erzählte im Studio von ihrem kleinen Bruder. Und so kam Johannes zu seiner ersten Sprechrolle. Mittlerweile ist er einer der etabliertesten Sprecher in Deutschland.
Johannes Raspe ist die deutsche Stimme von Robert Pattinson. Von Anfang an begleitet er den Werdegang des britischen Charakterdarstellers. Nach dem frühen Ruhm durch die etwas belächelte „Twilight“-Verfilmung konnte durch die darauffolgenden, unkonventionellen Rollen auch Johannes Raspe seine Wandlungsfähigkeit unter Beweis stellen – etwa als wahnsinnigwerdender Wärter von „Der Leuchtturm“ (2019) mit Willem Dafoe, zeitreisender Agent in „Tenet“ (2020) oder als bisher düsterste Version von Bruce Wayne als „The Batman“ (2022). Als Sprecher von James McAvoy ist Johannes Raspe als junger Professor Charles Xavier bei den „X-Men“ zu hören sowie in „Split“ (2016) und „Glass“ (2019) als Kevin Wendell Crumb, der insgesamt 23 Persönlichkeiten in sich trägt. Darüber hinaus spricht er den Nordiren Jamie Dornan, vor allem in dessen Paraderolle als der namensgebender Unternehmer Christian Grey in „Fifty Shades of Grey“ (2015).
Wir durften Johannes Raspe bei uns im Studio zu einem exklusiven Gespräch empfangen. Viel Spaß mit dem resultierenden Interview!
Ich war einfach im Studio und ein Mitarbeiter kam herein: Du Johannes, hast du nachher noch ein bisschen Zeit? Weil, wir haben noch einen Trailer von so einem Vampirfilm. Keine Ahnung. Weiß nicht. Dauert nicht lang. 10 Minuten.
Für Robert Pattinson war die Rolle des Vampirs Edward Cullen der große Durchbruch: Teenieschwarm, dunkler Traumprinz jugendlicher Mädchenherzen. Hochpreisige Rollenangebote. Nun war es sicher nicht leicht, dem Erfolg der Bücher, auf denen die Filme basieren, gerecht zu werden. Auch Johannes Raspe musste das erfahren.
Und dann haben wir den Trailer vom ersten Teil aufgenommen. Es gab erstmal Riesenärger im Forum, im Internet. In den Büchern wird beschrieben, dass Edward die unglaublich erotischste Stimme der Welt hat. Da hat jeder so seine Vorstellung. Wenn das jetzt manifestiert wird und der Johannes Raspe das spricht – dann kann das ja nur schlecht sein!
Beim zweiten Trailer hat der Verlag dann ein Casting gemacht mit weiteren Sprechern – dennoch hat sich Johannes Raspe durchgesetzt.
Die Synchronregisseurin Ursula von Leyen setzte durch, dass beide Hauptdarsteller zusammen im Studio waren. Zwar trat man nicht unmittelbar in Dialog, nahm die Passagen aber im Wechsel auf, während der andere mit im Studio war. Bella und Edward – Annina Braunmiller (Stimme Kristen Stewart) und Johannes Raspe – haben ihre Szenen also gemeinsam aufgenommen, wie es auch früher im Synchron die Regel war. Die meisten Rollen werden heutzutage ge-xt, d. h., die Sprecher stehen einzeln im Studio und bekommen ihre Sprecherkollegen nicht zu Gesicht.
Johannes Raspe als Edward Cullen in „Twilight – Biss zum Morgengrauen“:
Beinahe hätte Johannes Raspe Pattinson auch bei einer Twilight-Premiere getroffen. 2 Meter stand er von ihm entfernt. Die „Bravo“ hatte sogar ein Meet & Greet für Fans verlost und Raspe hatte vorab mit einer Managerin gesprochen, ob er nicht auch mal Hallo sagen könne. Er war schließlich als Gast, ebenso wie Pattinson, auf den Roten Teppich geladen. Doch ihre Antwort war vorab: „No, you’re not approved“. Und so stand Raspe plötzlich 2 Meter von Pattinson entfernt auf dem Teppich und dachte sich, na, ich geh jetzt einfach mal zu ihm und stelle mich kurz vor. Schlechte Idee: ein Bodyguard sprang sofort dazwischen und tackelte ihn weg, verdrehte ihm fast den Arm und brachte ihn aus dem „Sicherheitsbereich“ von Robert Pattinson. So nah und doch so fern…
Langsam aber stetig hat sich laut Johannes das Spiel von Robert Pattinson verändert. War es in seiner Rolle als Edelvampir Edward Cullen in Twilight noch stets sehr morbid, zurückgezogen, eintönig – und deshalb für die jüngere Generation sehr faszinierend. Das ist natürlich sehr diplomatisch ausgedrückt. In der Tat passten die meisten seiner bisherigen Rollen in die Twilight-Kategorie: zurückgenommen, geduckt, ein bisschen blass. In der Western-Komödie „Damsel“ (2018) allerdings, geht er in eine andere Richtung. Er spielt einen etwas zurückgebliebenen, aber in jedem Fall psychopathischen Cowboy, der seine Verlobte vor Banditen retten will. Nur dass seine Verlobte nicht in Gefahr ist. Und auch gar nicht seine Verlobte.
Das spielt er wirklich grandios – so hätte ich ihn (Pattinson) vorher nicht betitelt
Hier der Trailer von "Good Time" mit Pattinson in Höchstform:
„Mir geht es nicht ums Geld, sondern darum, dass ein mutiger Mann nicht alleine bleibt“
Johannes Raspe hat sich entschieden, dem Sprecher Marcus Off in seinem Rechtsstreit (siehe unser Synchroninterview mit Marcus Off) den Rücken zu stärken. Marcus hatte eine Nachvergütung für seine Rolle als Jack Sparrow in der „Fluch der Karibik“-Trilogie gefordert – und diese nach über 10 Jahren Streitigkeiten vor Gericht auch erhalten. Johannes Raspe ging es nun darum, dass sich solche Ungerechtigkeiten nicht wiederholen und klagte ebenso für eine Nachvergütung seiner Rolle als Edward Cullen in Twilight.
Ebenso tat dies Ricardo Richter für seine Rolle des Peeta in der Tribute von Panem-Reihe. Mittlerweile wurde Richter als Stimme von Josh Hutcherson ersetzt – das Verfahren läuft allerdings noch. Ebenso das von Raspe.
Fest steht: Synchronsprecher sind im Verhältnis zum Gewinn, den die Verleiherfirmen mit den deutschen Synchronisationen verdienen, weit unterbezahlt. Die Gagen haben sich praktisch seit den 60er Jahren nicht erhöht, noch nicht mal an die Inflationen wurden sie angepasst. Johannes Raspe hat im August 2018 einen wichtigen Teilsieg vor Gericht errungen. Ihm wurde eine Nachvergütung zugesprochen und das Landgericht München ließ in seiner Urteilsbegründung sogar verlauten, dass es die Gagen der Synchronschauspieler als generell zu niedrig ansieht. Raspe befindet sich derzeit noch in Berufung, er fechtet die Berechnung der Nachvergütung an.
Grundlage der Entscheidung des Landgerichts München ist eine Regelung im Urheberrecht. Danach kann ein Künstler – in diesem Fall der Synchronsprecher – nach § 32a UrhG bestimmte Nachforderungen geltend machen. Allerdings nur, falls zwischen der vereinbarten Gage und den Erträgen des Werkes (in diesem Fall der Verleih und Verkauf der Twilight-Saga) ein auffälliges Missverhältnis besteht. Und das ist vor allem bei großen Filmreihen der Fall.
Das Gericht argumentierte folgendermaßen: Der Grund, warum Johannes Raspe überhaupt eine so mindere Gage als redlich empfinden kann, ist so zu erklären, dass die gesamte Branche über Jahrzehnte unterbezahlt ist.
Mit James McAvoy würde ich gerne mal ein Bier trinken. Man könnte sich mit dem einen coolen Abend hinsaufen
Neben seiner Rolle als junger Professor Xavier in der X-Men-Reihe sprich Johannes Raspe den schottischen Schauspieler James McAvoy auch in den Filmen des Kultregisseurs M. Night Shyamalan. Dort spielt er den psychopathischen The Beast, der in ganze 23 verschiedene Persönlichkeiten schlüpft – mit unterschiedlicher Mimik, Gestik und natürlich auch einer immer wieder veränderten Stimme. Wie synchronisiert man so eine Rolle? Zusammen mit der Regie hat sich Johannes Raspe dazu entschieden, die 23 verschiedenen Rollen einzeln aufzunehmen. Also eine Rolle nach der anderen, unabhängig von der Chronologie. Bis zum Ende von beiden Filmen war das auch problemlos möglich. Dann aber wechselt McAvoy die Rollen so schnell hintereinander, dass chronologisch weitergearbeitet werden musste. Zu diesem Zeitpunkt kannte Johannes Raspe die 23 Rollen aber schon so gut, dass es kein Problem war.
Ich kenne niemanden, der noch besser und krasser spielt als er
Man muss sich nur vor Augen führen, wie schwer das ist: ein Schauspieler hat Wochen oder gar Monate Zeit, sich auf eine Rolle vorzubereiten, und die Unterscheide der 23 Persönlichkeiten auszuarbeiten. Auch wenn Raspe den Film „Split“ 6-8 Wochen vor der Synchro schon einmal sehen durfte – was sehr ungewöhnlich ist; normalerweise passiert das, wenn man ihn überhaupt vorab sehen darf, wenige Tage vorher – dennoch beginnt die eigentliche Arbeit direkt im Synchronstudio.
23 Identitäten und nur eine Stimme – Johannes Raspe als James McAvoy in „Split“:
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Ja genau, den Film hat doch der Typ ohne Haare synchronisiert oder war das der Andere? Wenn Sie´s wüssten würden Sie das hier vielleicht gar nicht lesen! Hier bekommen Sie ein Blick hinter die Kulissen, Hintergrundinfos und Synchroninterviews mit bekannten Synchronsprechern und Stimmen.