Norbert Gastell ist vergangene Woche am 26. November in München verstorben. Überall wurde darüber geschrieben, oft nur in Bezug auf seine Sprechrolle des Homer Simson. Ja, klar, die Rolle hat er sehr lange gesprochen, aber abseits davon war Norbert Gastell eben nicht nur als Synchronsprecher aktiv, sondern auch als Schauspieler im TV und Theater und als Werbesprecher in diversen Projekten. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie. Ein großer Mann und Stimme ist von uns gegangen.
Update: Christop Jablonka ist die neue Stimme von Homer Simson. Wir haben mit Christop ein Synchroninterview geführt und Ihm zu seiner neuen Rolle befragt.
Norbert Gastell wurde 1929 in Buenos Aires geboren, sein Vater arbeitete dort als Redakteur bei „La Plata, der größten deutschen Zeitung in Südamerika. Aufgrund einer Asthmaerkrankung kam die Familie 1938 nach München zurück. Norbert Gastell vollendete sein Abitur nicht und ging stattdessen auf die Schauspielschule von Ruth von Zerboni. 1950 war er in Tübingen am Theater engagiert und 1956 war er wieder in München an diversen Theatern tätig. Gastell spielte 1966 in drei Folgen der TV-Serie Raumpatrouille Orion mit, vielen dürfte er bekannt sein als „Forstdirektor Leonhard“ aus der Serie Forsthaus Falkenau. Mit seiner zweiten Frau, Karin Heym, spielte er in Diether Krebs Sketchsendung „Voll daneben – Gags mit Diether Krebs“.
Norbert Gastell hatte neben „Homer Simpson“ und „Trey Parker“ (South Park), keine feste Sprechrolle. Er war ein sehr aktiver Synchronsprecher und hat viele verschiedene Schauspieler in weit über 1000 Produktionen synchronisiert. Eine Sprechrolle die einer Feststimme am nächsten kommt war die Rolle des „Corneliues Fudge“ in vier Harry Potter Filmen.
Wie so oft, gibt es erhebliche Unterschiede zum Original in den USA. Der Sprecher dort ist Dan Castellaneta, der kein kieksen in der Stimme hat und eher stoisch die Rolle des Homer Simpson runterspult. Das im Deutschen schrill ausgerufene „Nein“, ist bei uns sehr markant, im englischen ist das "D'oh" weniger betont und lebt eher von der inhaltlichen Bedeutung. Erwähnenswert ist die Bezahlung, der amerikanische Kollege bekam bis zu 500.000 Dollar pro Folge, Norbert Gastel die übliche Takegage, also vielleicht 400 Euro pro Folge.
Hier ein kurzes "best of Homer Simpson".
In den 70ger Jahren synchronisierte er mehrfach Chiang Tao und Ku Feng, in den späten 90ger Philip Baker Hall und in den letzten 10 Jahren einige Male Eric Jacobson, sowie Kon Polito. Und jetzt kommen wir zu den weniger bekannten, aus meiner Sicht aber erwähnenswerten Sprechrollen. Gastell sprach z.B. „Trevor Ochmonek“ in der Serie ALF, jaja, die Serie die nur die „Alten“ noch kennen, war aber mal Kult. Nicht zu vergessen „Bill“ der Vater von Jim in der Serie „Immer wieder Jim“ (und als Hugh Hefner) und „Lord Kommandant Mormont“ in „Game of Thrones“, Tommys Vater in „Rescue Me“, diverse Male in „der unglaubliche Hulk“ und irre viele andere kleine Rollen. Erinnert sich noch jemand an „Asterix erobert Rom“? Gastell sprach Majestix auf bayrisch ein.
Hier eine kurze Szene in der Norbert Gastell „Majextix“ auf bayrisch spricht.
Und natürlich war Gastell auch in TV- und Radioproduktionen als Sprecher aktiv. Legendär war z.B. die Jägermeisterwerbung mit „Rudi und Ralph“, den zwei Hirschen an der Wand. Der linke Hirsch ist Norbert Gastell.
Da gab es eine Reihe von Werbetrailern, hier nur einer, wer mag findet noch einige bei Youtube.
In dieser Werbung sprach Norbert Gastell, mit bayrischen Wurzeln, als Offsprecher für den Alpen Mäc. Werbetrailer noch aus DM Zeiten.
Wer wird die neue Synchronstimme von Homer Simpson?
Natürlich habe ich bereits mit ein paar Kollegen von Norbert gesprochen und mit ein paar Quellen bei den zuständigen Synchronfirmen. Eins ist klar, es wird ein großes Casting geben. Wenn man mal von einer Überraschung absieht und sich auf die möglichen Synchronsprecher konzentriert, die in Frage kommen und an die Stimme von Gastell rankommen, dann ist die Auswahl recht klein. Stimmlich und schauspielerisch kommen in München nur zwei Leute in Frage und zwar Hartmut Neugebauer und Ekki Belle, in Berlin sehe ich Jürgen Kluckert und Engelbert von Nordhausen vorn.
Wenn man die Stimme so erhalten möchte, wie sie in all den bisherigen Staffeln war, dann muss der Sprecher „kieksen“ können, dieses Typische schrille klimpern in der Stimme und die Basistonalität, also relativ tief und voluminös haben wenige Sprecher. Für mich, rein subjektiv, ist es Hartmut Neugebauer. Er kommt am ehesten an Gastell ran und hat auch die nötige Erfahrung.
Ein Faktor, wenn auch nicht der ausschlaggebende, ist der Standort München. Bislang wurde bei Beta/Taurus (Pro7), ELAN Film Gierke (ZDF), FFS synchronisiert (teilweise auch Arena Berlin).
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