Christian Rode (1936-2018) war über 60 Jahre als Sprecher in der Synchronbranche aktiv. Er hat schwindelerregend viele Male für Film- und Fernsehproduktionen vor dem Mikrofon gestanden, allein in der Synchronkartei gibt es bei ihm fast 1900 Einträge. Er synchronisierte Hollywoodstars wie Christopher Plummer, Peter O'Toole, Patrick Stewart, Michael Caine, David Carradine, Robert Culp… und die Liste könnte endlos so weitergehen.
Er hat sich nie auf eine bestimmte Rolle festlegen lassen, war auf deutschen Theaterbühnen unterwegs, sprach mit Leidenschaft die Hörspiele von Sherlock Holmes und nur wenige wissen davon, dass er auch eine Zeit lang Bert aus der Sesamstraße gesprochen hat. Ebenso synchronisierte er Julius Cäsar in einigen Asterix-Zeichentrickfilmen. Leider verstarb Christian Rode bereits am 15. Februar 2018. Seine Stimme ist aber nach wie vor präsent in Filmen und Hörspielen. Wir werden diesen sympathischen Kollegen nie vergessen, der bis zuletzt mit unverwechselbare Stimme und mitreißendem Spiel begeisterte. Wie es sich anhört, wenn Christian Rode das Quietsche-Entchen-Lied anstimmt, was für Anekdoten er aus einem halben Jahrhundert Sprechererfahrung erzählen konnte und worauf es beim Sprechen wirklich ankommt, klären wir in diesem Blogbeitrag.
Hier unser exklusives Interview mit Synchronsprecherlegende Christian Rode:
„Nicht synchron!“, rief die Stimme aus dem Off.
Tja, jeder hat mal klein angefangen: So klang das vernichtende Urteil des Synchronregisseurs, als Christian Rode zum ersten Mal im Laufe der 50er Jahre in einer Sprecherkabine der BRD stand. Zuvor hatte der junge Schauspieler, den Urgestein Gustav Gründgens an das Deutsche Theater in Hamburg geholt hatte, bereits eine Sprechausbildung bei der bekannten Sängerin Alice Solscher durchlaufen. Diese sollte das Fundament seines nachhaltigen Erfolges sein. Seine weitere Karriere zeigt, dass sich auch Synchronregisseure durchaus irren können. „Synchron? Aber sehr wohl!“
Wie Christian Rodes Stimme im Film klingen kann, hören wir hier in einem kurzen Abriss seiner Synchronarbeit:
Christian Rode gibt sein unersetzliches Wissen und seine Erfahrung in der Synchronisation und im Sprechen mittlerweile auch an den interessierten Sprechernachwuchs weiter: In der Christian Rode Sprecherschule (2014 nach ihm umbenannt) gibt er Seminare und Einzelcoachings. Für Christian Rode sind einige wichtige Aspekte, die ein Sprecher beachten muss, folgende:
1. Klare Artikulation und Aussprache
2. Bewusstes Atmen – auch Husten kann man durchaus wegatmen
3. Der Inhalt zählt: Nicht nur muss ein guter Sprecher deutlich und klar zu verstehen sein, auch der Inhalt muss so aufbereitet und dynamisch artikuliert werden, dass jeder Zuhörer ihm folgen kann
4. Regelmäßige Sprechübungen: von Fischers Fritze über den berühmten Korken oder Golfball, den man sich zwischen die Frontzähne steckt anschließend versucht, klar zu sprechen und zu artikulieren – hier sei allen Nachwuchssprechern der Kleine Hey empfohlen – bennant nach dem deutschen Gesangslehrer und Musikpädagogen Julius Hey (1832 – 1909). Der Kleine Hey wird von verschiedenen Verlagen vertrieben und ist ein etablierter Leitfaden zum guten Sprechen. Jeder Profisprecher hat ihn in seinem Bücherregal stehen.
Wer mehr darüber erfahren möchte, wie man sich professionell dem Beruf des Sprechers nähert, dem sei unser Blogbeitrag (Synchronsprecher werden) zu diesem Thema empfohlen.
Wie kann man sich ein persönliches Coaching mit Christian Rode vorstellen? Dieses kurze Video gibt einen interessanten Einblick in die Arbeit des Profi Christian Rode bei der Nachwuchs-Förderung im Synchronstudio:
„Es ist die Freude eines Schauspielers und auch Sinn seines Berufs, in verschiedene Rollen zu schlüpfen“
Was zeichnet einen guten Detektiv aus? Laut Christian Rode ist eine überragende Menschenkenntnis von Nöten, Nerven aus Stahl sind empfohlen und vielleicht auch ein Psychologiestudium. All diese Kenntnisse hat natürlich vor allem ein ganz besonders erfolgreicher Detektiv: Sherlock Holmes. Rode lieh dem weltberühmten britischen Ermittler, den der Schriftsteller und Theaterautor Arthur Conan Doyle erfand, in der gleichnamigen Hörspielreihe seine Stimme. An der Seite seines Sidekicks Dr. Watson (gesprochen von Peter Groeger) ermittelte Christian Rode in dieser Rolle seit 2004.
„Wir versuchen bei Sherlock Holmes eine Welt darzustellen, die die Fantasie des Zuhörers animiert, die in einer anderen Existenzsphäre stattfindet, als es früher der Fall war.“
Die beiden Ermittler Holmes (Rode) und Dr. Watson (Groeger) nahmen dafür immer gemeinsam vor dem Mikrofon auf. Eine echte Seltenheit in der modernen Hörspielproduktion, stehen die Sprecher heutzutage doch aus Dispositions- und Zeitgründen hauptsächlich allein in der Sprachkabine (wir berichteten im Blogbeitrag von Jürgen Thormann über die moderne Aufnahmeverfahren im Synchronbereich, die aber auch auf die Hörspielproduktion zutreffen. Weitere Infos zum verwandten Thema findet ihr in unserem Blogbeitrag "Hörbuchsprecher".
Folgendes Video zeigt Christian Rode 2017 bei Hörspielaufnehmen für "Sherlock Holmes":
Die Sherlock Holmes-Hörspiele gibt es mittlerweile in verschiedenen Varianten, Christian Rode und Peter Groeger sprachen die Folgen für die Firma Maritim-Hörspiele ein. Neben den Originalfällen aus der Feder von Holmes-Erfinder Sir Arthur Conan Doyle, die in zwei verschiedenen Varianten angeboten werden (klassisch in Dialogform und in einer aufwendiger produzierten Form), werden auch regelmäßig neue Folgen geschrieben. „Sherlock Holmes – die neuen Fälle“ erscheinen in regelmäßiger Form und stehen meiner Meinung nach den Originalfällen in nichts nach – auch hier sprachen Christian Rode und Peter Groeger die beiden Ermittler in gewohnter Manier. Hier gibt’s eine Übersicht, über alle Sherlock Holmes-Hörspielreihen.
Und hier sehen wir die beiden Sprecherprofis gemeinsam bei der Arbeit: Was so alles schiefgehen kann im Synchronatelier zeigten Christian Rode und Peter Gröger eindrucksvoll in diesem Live-Sketch bei einer Sherlock Holmes-Lesung:
Zwischen 2001 und 2007 wurde Sesamstraßen-Bert regelmäßig von Christian Rode gesprochen. Damit stand er in einer langen Tradition. Im Original wurden Bert und sein Freund sowie Mitbewohner Ernie von Sesamstraßenerfinder Frank Oz gesprochen. Die deutsche Synchronisation übernahm ab 1973 der Sprecher Wolfgang Kieling. Dieser wurde nach seinem plötzlichen Krebstod von Horst Schön abgelöst, der Bert ab 1986 sprach. Für den 75-jährigen Schön übernahm 2001 wiederum Christian Rode. Rode hatte Bert bereits einmal 1999 für das Sesamstraßen-Spezial „Elmo im Grummelland“ gesprochen.
„Ich hab nie in meinem Leben so viel Spaß gehabt wie im Synchronstudio“
Bert ist im Gegensatz zu Ernie der ernstere Charakter der beiden Freunde. Berts Stimme ist in den Sketchen der beiden immer die der Vernunft und Erfahrung. Er ist generell eher an Ruhe interessiert und beschäftigt sich am liebsten mit Lesen oder dem Pflegen seiner Brief- und Büroklammersammlung. Christian Rode traf den gesetzten und erfahrenen Ton der Bert-Stimme perfekt, wie ich finde. Überzeugt euch im folgenden Clip selbst davon, wie er es machte. Anschließend vergleichen wir die Performance mit den beiden Nachfolgestimmen von Ernie und Bert. Kleiner Fakt am Rande: Ernie wird im Video gesprochen vom mittlerweile verstorbenen Michael Habeck (1944-2011), der übrigens auch als Barney Geröllheimer aus der Trickserie „Familie Feuerstein“ bekannt ist und Ernie ebenfalls bis 2007 sprach, so lange wie auch Christian Rode als Berts Stimme gesetzt war.
Hier sehen wir nun Christian Rode als Bert, wie er das Quietscheentchenlied singt:
Die Ablösung in der Sesamstraße
Die Puppenspieler Carsten Morar-Haffke und Martin Paas sprechen seit 2006 Ernie und Bert in den in Deutschland produzierten Sketchen der Sesamstraße. Zuvor hatte man lediglich die Beiträge aus den USA synchronisieren lassen. Da diese aber den Produzenten etwas zu „edukativ“ waren und man beim NDR eine etwas ältere Zielgruppe (von 3-13 Jahren) ansprechen wollte, produzierte man nun eigene kurze Ernie und Bert-Sketche. Ab 2007 übernahmen Carsten Morar-Haffke und Martin Paas zu Gunsten der Einheitlichkeit daher auch die Synchronisation der amerikanischen Originalsketche. Sie lösten somit Christian Rode und Michael Habeck ab.
Im Vergleich zu obigem Video nun die beiden „neuen“ Stimmen von Ernie und Bert, die mittlerweile auch schon Jahre lang im Amt sind. Persönlich gefallen mir die alten Stimmen etwas besser, haben sie doch ein wenig mehr Charakter. Morar-Haffke als Bert und Paas als Ernie machen keinen schlechten Job, persönlich bin ich jedoch so sehr an die älteren Sprecherstimmen gewöhnt (was sicherlich auch viel mit Nostalgie zu tun hat), dass ich mich nicht recht an die "Neuen" gewöhnen will. Was meint ihr dazu? Die Zielgruppe der 3 bis 13-jährigen jedenfalls wird das sicherlich nicht stören – sie kennen es ja seit 2006 nicht anders.
Christian Rode war ein Allround-Sprech- und Schauspieltalent. Da ist es selbstverständlich, dass er nicht nur oft auf der Bühne, sondern auch vor der Fernsehkamera stand. Er hatte eine Nebenrolle in der klassischen Faust-Verfilmung von 1960, sein berühmter Mentor Gustaf Gründgens ist hier in dieser bekannten Interpretation in der Rolle des Mephisto zu sehen. Weiterhin hatte Christian Rode Rollen in Fernsehfilmen, aber auch internationalen Produktionen wie „Die Akte Odessa“ (1973) an der Seite von Jon Voight und Maximilian Schell. Wie der junge Christian Rode ausgesehen hat, schauen wir uns abschließend in diesem kurzen Ausschnitt aus der Fernsehserie „Das Kriminalmuseum“ an. Hier an der Seite des zukünftigen Derrick-Darstellers Horst Tappert:
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