Computerspiele und die Lokalisierung für die einzelnen Märkte sind die Zukunft und lösen in absehbarer Zeit die Synchronisation von Filmen, was den Umfang und die Bezahlung betrifft, ab. Es gibt ein paar grundsätzliche Betrachtungen bei der Lokalisierung von Computerspielen.
Zum einen wird der Umfang der Videosequenzen, im Durchschnitt, immer länger und zum anderen werden seit einigen Jahren deutlich höhere Umsätze mit Computerspielen erzielt, als mit Filmen und Serien. Das hat viele Ursachen, dazu später mehr.
Was bedeutet Lokalisierung
Computerspiele werden oft in Englisch produziert, das liegt daran, dass die größten Computerspieleproduzenten in den USA sitzen. Von dort werden die meisten Computerspiele an die wichtigsten und größten Märkte verteilt, wo einzelne Units sitzen, die in den jeweiligen Ländern die Spiele für den lokalen Markt anpassen. Lokalisierung eben. Das bedeutet, dass sowohl der gesamte Text übersetzt und angepasst werden muss, als auch die Sprachfiles. Dabei gibt es ein paar Dinge zu beachten. In Deutschland gibt es die FSK und da möchten die meisten Spiele keine „FSK 18“ sehen, da das die Verkaufszahlen deutlich reduzieren kann. Somit wird also teilweise auch Grafik, wie z.B. Blut bearbeitet oder rausgeschnitten. Dazu kommen Unstimmigkeiten von Textmenge/Sprachmenge in Bezug auf Videomenge. Teilweise müssen Videosequenzen gekürzt oder verlängert werden.
Hier ein Soundbeispiel von Dieter Klebsch (Dr. House) als Gott. Wichtig bei der Lokalisierung, wie bei Filmsynchron, ist die schauspielerische Leistung.
Was verdient man beim Synchronisieren
Während die meisten Synchronsprecher bei Filmen pro Take 3,40 Euro verlangen, sind die Preise bei Computerspielen deutlich höher. Ob das so bleibt, darf bezweifelt werden, aber im Moment wird oft ein Kommgeld von 150 – 200 Euro und 10 Euro pro Line aufgerufen. Der Begriff pro „Line“ ist ähnlich dem „Take“, allerdings liegt der eigentliche Unterschied einzig darin, dass bei Film die einzelnen Textabschnitte wirklich getaket werden müssen, was bei Computerspielen wegfällt. Hier gibt es bislang nur Text und teilweise Hinweise darauf, wie es gesprochen werden soll.
Durch den immer weiter ansteigenden Umfang der Computerspiele, wird die Menge der Lines der einzelnen Sprech- und Schauspielrollen ebenfalls immer umfangreicher. Je nach Computerspiel haben wir zwischen wenigen Dutzend bis einige tausend Lines.
Da man bei Computerspielen sehr oft nicht Synchronisiert, sondern quasi als Offsprecher fungiert, ist die Aufnahme einfacher und schneller, als bei der Synchronisation von Filmen und Serien. Je nach Sprecher, kommt man damit auf 200-500 Lines pro Tag. Also ein deutlich besserer Verdienst als bei der Filmsynchronisation.
Hier ein relativ langer "Take" von Benjamin Völz (Keanu Reeves, Charlie Sheen, David Duchovny).
Wie funktioniert die Lokalisierung
Einfach so, wie man sich das vorstellt. Der Synchronsprecher bekommt die Rolle zugewiesen, der verantwortliche Regisseur, der normalerweise anwesend ist, gibt dem Sprecher kurze Instruktionen, wie die Rolle anzulegen ist und dann geht’s los. Je nach Studio wird von Screen oder Papier gelesen. Mittlerweile wird fast überall nur noch mit Bildschirm gearbeitet und die Textdaten vorab in Excel vorbereitet und dann über Filterfunktionen, den einzelnen Sprecher zugeordnet. Ist der Sprecher fertig, kommt die heftige Nachbearbeitung. Der gewaltige Unterschied von Computerspiel zu Film ist, dass im Film nur eine linear verlaufende Tonspur existiert, während bei Computerspielen es viele verschiedene Handlungsstrenge gibt, die auch in verschiedenen Reihenfolgen ansteuerbar sind. Somit müssen die einzelnen Lines separat beschriftet und ungepflegt werden, was bei großen Projekten einige zehntausend einzelne Files bedeutet.
Zuerst muss man sich die einzelnen Arbeitsschritte vorstellen. Das Studio, was den Auftrag bekommt, legt dem Puplisher vorab das Casting und die Besetzung der einzelnen Rollen vor. Liegt der Auftrag vor, muss der originale englische Text übersetzt werden, dabei gilt es einige Besonderheiten zu beachten, so hat man, je nach Spiel, mit Slang zu tun, den man nicht einfach 1:1 übersetzen kann. Die Übersetzung nimmt also schon einen großen Part ein, dabei muss alles vorab korrekt angelegt und Nummeriert sein und genau hier liegt der wichtige und zeitintensive Part. Jedes Studio hat da seine eigene Art die Daten anzulegen, aber grundsätzlich muss jede einzelne Line eine eigene individuelle Nummer/Bezeichnung haben, die dann in den Computerspiel eindeutig zugeordnet bzw. eingebaut werden kann.
Je nach Puplisher gibt es einzelne Units in den jeweiligen Ländern, die jeweils für den Landesmarkt zuständig sind. So z.B. bei Ubisoft oder EA, die eigene Firmen in Deutschland haben und die Spiele jeweils für diesen Markt lokalisieren. Diese Units gibt es auch in anderen großen Ländern, wie Frankreich, Spanien, Italien usw.
Thomas Petruo (Woody Harrelson, Ice-T) als Redner auf einer Party.
Entwicklung Computerspiele
Früher wurden Computerspiele auf Disketten, dann auf CD und DVD und heute per Download verkauft. Somit stieg das Datenvolumen immer weiter an und auch die Möglichkeiten mehr Videosequenzen und Content in die Spiele zu integrieren. Ich möchte hier an einen absoluten Blockbuster aus den 90ger Jahren erinnern, Wing Commander. Das Spiel brauchte damals unglaubliche 40MB Festplatte und ein großen Hauptspeicher. Heute gibt es Spiele mit vielen Gigabyte und wie z.B. bei GTA 5 mehr als 200 Stunden Videomaterial.
Es gibt Computerspiele, die permanent weiterentwickelt werden, wie z.B. World of Warcraft, was stetig (seit 2008) mit Addons weiterentwickelt wird. Die Spiele brauchen also permanent Nachschub an Sprache bzw. Stimmen und Synchronisation.
Einige Spiele generieren sagenhafte Umsätze von über 1 Milliarde Euro in weniger als zwei Wochen. World of Warcraft hatte zu Spitzenzeiten 13 Millionen Subscriber (also monatliche Abbonenten), die im Schnitt 12 Euro pro Monat bezahlten. Allein World of Warcraft erzielte damit im Peak über 160 Millionen Umsatz pro Monat. Bedenkt man die Lebensdauer dieses Spiels, dann hat World of Warcraft in seiner gesamten Lebenszeit etwa 7 Milliarden Umsatz generiert. Somit wird klar, dass die Computerspieleindustrie die Filmindustrie schon lange abgelöst hat. Die Budgets für die Entwicklung der Spiele steigt stetig an und damit auch die Qualität und letztlich der Sprachanteil, der synchronisiert werden muss.
So sah Wing Commander I im Jahr 1990 aus. Standard VGA bzw. SVGA mit damals noch 480x640 Auflösung. Zur Erinnerung, heute sind 1920x1080 Standard.
Soundsettings und Controlling
Geiles Thema! In der Regel gibt es exakte Vorgaben seitens des Puplishers, wie der Sound sein muss. Also Vorgaben bezüglich des Raumes, des Vorverstärkers und des Mikrofons. Der Sound wird getestet, festgelegt und alle Sprachaufnahmen müssen dann auch in diesem Aufnahmeraum, mit den Settings aufgenommen werden.
Somit ist es nicht möglich Aufnahmen in anderen Studios durchzuführen und dann zur Verfügung zu stellen. Das führt für Firmen, die in Hamburg oder Köln produzieren zu komplizierten Dispositionen. Da alle Sprecher eingeflogen werden müssen. Dies führt zu deutlich höheren Kosten, da immer Anfahrt und Unterkunft der Sprecher (die meisten kommen aus Berlin) noch dazukommen.
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