In diesem Blogbeitrag zeigen wir, wie die Synchronbranche arbeitet - damit Hollywood deutsch spricht.
Für alle Freunde der markanten Stimmen gibt es diesmal etwas ganz Besonderes auf die Ohren und auf die Augen. Wir haben weder Kosten, noch Mühen gescheut und unsere Kontakte in die Branche genutzt, um eine kleine, feine Doku über das Synchronisieren zu drehen. Herausgekommen ist ein exklusiver Blick hinter die Kulissen des Synchronalltags. An einem hochkarätigen Beispiel, nämlich Quentin Tarantinos „Once Upon a Time in Hollywood“, zeigen wir die bekannten Synchronstimmen Anne Helm (Margaret Qualley), Tobias Meister (Brad Pitt), Gerrit Schmidt-Foß (Leonardo DiCaprio) und Sarah Alles (Margaret Qualley) bei der Arbeit. Aber auch all die Personen im Hintergrund, die ebenfalls bei keiner Synchronisation fehlen dürfen, kommen zu Wort wie Übersetzer, Tontechniker, Synchroncutter und Tonmischer. Besonders stolz sind wir, den mehrfach ausgezeichneten Dialogbuchautor und Synchronregisseur Christoph Cierpka bei der Arbeit zu zeigen.
Im Anschluss an die Doku könnt ihr euer Wissen über die Synchronbranche vertiefen. Unterhalb der Doku findet ihr dafür weitere Informationen sowie jeweils einen eigenen Clip für jeden Synchronberuf.
Am Anfang jeder Synchronisation steht die Rohübersetzung. Hierfür nimmt sich ein professioneller Übersetzer oder eine Übersetzerin den Text der Originalfassung vor und übersetzt anhand der sogenannten „Conti“ – kurz für continuity, das Transkript des Films – Satz für Satz den kompletten Film ins Deutsche. Dabei ist stets darauf zu achten, den richtigen Ton mit passenden Ausdrücken zu treffen. Für die Übersetzung muss man sich genau an der Situation der Figuren in der Originalszene orientieren. So wird ein Polizist, der sich in einem Schusswechsel mit einem Gangster befindet, wahrscheinlich nicht besonders besonnen und rein sachlich per Funk Verstärkung anfordern, sondern sich in der Wortwahl gestresster ausdrücken – als zum Beispiel bei einer Routinefahrt mit seinem Kollegen. Die Übersetzerin, bzw. der Übersetzer versucht auch, die Satzlänge des deutschen Satzes mit dem Original abzugleichen. Der Autorin oder dem Autor des Dialogbuches kommt die Übersetzung entgegen, wenn ihre deutschen Ausdrücke den Originalausdrücken hinsichtlich Silbenzahl und Vokalen wenigstens ansatzweise ähneln. Eine gute Übersetzung führt neben dem Text auch wichtige Hinweise auf, die das Gesagte genauer beschreiben: zum Beispiel ob in Slang oder in medizinischen Fachbegriffen gesprochen wird. Auch wenn es sich bei der sprechenden Figur um eine berühmte Persönlichkeit oder um einen Cameo-Auftritt handelt, wird dies als Randnotiz vermerkt.
In folgendem Clip spricht Stephan Klapdor über seine Arbeit als Rohübersetzer:
Als nächstes wird die Rohübersetzung in ein Dialogbuch weiterverarbeitet. Diese Aufgabe fällt eigentlich nur Leuten zu, die mit der Praxis des Synchronsprechens bestens vertraut sind. Insbesondere bei großen Produktionen übernimmt diese Aufgabe der oder die Synchronregisseurin persönlich. Denn sie ist es letztlich auch, die den SprecherInnen zu vermitteln hat, wie sie ihren Text in der jeweiligen Szene ins Mikrofon einzusprechen haben, damit es möglichst natürlich wirkt. Die Rohübersetzung wird in diesem Schritt so umgeschrieben, dass die Wortwahl zu An-Atmern, Satzpausen und auffällige Lippenbewegungen der Originalschauspieler ein passendes deutsches Äquivalent bildet. Der Text wird also lippensynchron gemacht. Wenn der Originalschauspieler zum Beispiel das Wort Sky sagt, muss der oder die Autorin darauf achten, dass das Dialogbuch genau an dieser Stelle nicht das Wort Himmel stehen hat. Denn bei dem einsilbigen Wort Sky steht der Mund relativ lange offen, so dass es auffallen würde, wenn man gleichzeitig das Wort Himmel hören würde, bei dem sich gewohnter Weise in der Mitte des Wortes die Lippen beim Sprechen berühren. Der, bzw. die Dialogbuchautorin baut also den Satz um, findet einen anderen sinngemäßen Begriff oder einfach beides. So könnte der Satz „Sky ist the Limit“ eher mit „Frei bis zum Himmel“ übersetzt werden, um einen ausgewogenen Spagat zwischen Lippensynchronität und dem ursprünglichen Sinne der Originalaussage zu erreichen. Außerdem fügt die oder der Dialogbuchautor die Einzelsätze Take für Take mit Sekundenangaben in eine Maske ein. Hierbei handelt es sich um eine Liste, in der alle Beteiligten während der Aufnahmen im Studio jederzeit einsehen können, was wann als nächstes in welcher Weise aufzunehmen ist. Auch ob bestimmte Takes schreiend oder im Liegen aufgenommen werden müssen, ist hier vermerkt.
In folgendem Clip spricht Christoph Cierpka über seine Arbeit als Dialogbuchautor:
Als Hauptverantwortlicher für die Produktion der deutschen Fassung hält der oder die Synchronregisseurin alle Fäden zusammen. Gelungene Synchronisation bedeutet nicht, den Inhalt lediglich zu übersetzen, sondern die feinen Nuancen des Originals ins Deutsche zu übertragen. Als Tausendsassa benötigt man für die Synchronregie sowohl fundiertes Wissen über Dramaturgie, als auch Kultur des Ursprungslandes. In der Regie werden die Sprachaufnahmen nicht nur geleitet, sondern bereits bei der Besetzung gelenkt. Zu den Aufgaben zählt ebenso, das Potential der Schauspielenden voll auszuschöpfen. Dazu gehört, dass den SynchronsprecherInnen in ihre Rollen geholfen und dramaturgische Hilfestellung geleistet wird. Welche Funktion erfüllt die Figur? Welche Motivationen stecken dahinter? Für jede Szene werden diese Fragen geklärt, damit der oder die Darstellerin die Rolle daraufhin entwickeln kann. Schließlich sollen die Charaktere nicht bloß nachgeäfft werden. Die bzw. der Synchronregisseur prüft dabei stets, ob sich alles zu einem stimmigen Gesamtwerk fügt. Wichtig ist dabei die Kontinuität der Szenen, auch unter Berücksichtigung von technischen Einwänden, nicht aus den Augen zu verlieren. De Weiteren sollte die Synchronregie stets eine klare Vision verfolgen, an der sich das Team orientieren kann. Während der engen Kooperation im Synchronatelier sorgt eine gute Regie stets für eine vertrauensvolle Arbeitsumgebung, die auch Raum für Wiederholungen erlaubt. Durch die Regieanweisungen nähert man sich so Stück für Stück der endgültigen Fassung.
In folgendem Clip spricht Christoph Cierpka über seine Arbeit als Synchronresgisseur:
Für das leichtere Einsprechen der Texte wird der zu synchronisierende Film in sogenannten Takes unterteilt. Der Take ist ein Sinnabschnitt von 2-10 Sekunden und beinhaltet etwa 1 bis 2 Sätze. Ein einzelner Take beginnt in der Regel mit dem Satzanfang und wird so gesetzt, um die beste Spielbarkeit zu ermöglichen. Bevor ein Take eingesprochen wird, gibt es einen viersekündigen Vorlauf. Im Gegensatz zu früher, wo lediglich ein schwarzes Bild mit Countdown eingeblendet wurde, können die SchauspielerInnen und Schauspieler heute sehen, was kurz vorher im Film passiert. Zwei aufeinander zulaufende Balken geben dann an, wann der oder die Sprecherin ihren Einsatz hat. Durch die Einteilung in Takes wird der Film auch gleich tabellarisch sortiert. Das Taken bildet damit die Grundlage für alle weiteren Arbeitsschritte. Man gewinnt einen Überblick über den Aufwand der Produktion, was vor allem bei der Organisation hilft. Mit der Anzahl der Takes lassen sich dann zum Beispiel auch die Tage im Studio kalkulieren. Während man in der Vergangenheit dafür die Schere an die Filmrolle anlegte, werden die Abschnitte heute digital aufgeteilt. Die Timecodes der Takes werden dabei im Dialogbuch vermerkt. Mit dem Dialogbuch weiß der, bzw. die Sprecherin nun genau, wann seine oder ihre Stimme zu hören ist – auch wenn sich der Charakter außerhalb des Bildes befindet. Bei schwierigen Texten können Takes schonmal kürzer ausfallen. Oder länger, wenn eine Figure pausenlos redet. Für den Arbeitsprozess kann auch die Reihenfolge der Takes entscheidend sein. Damit die Stimmung dabei positiv bleibt, ist es sinnvoll, zwischen schwereren Takes immer auch leichtere Abschnitte folgen zu lassen. Die Synchronsprecher und -Schauspielerinnen können so Momentum generieren und Hürden gelassener nehmen.
In diesem Clip spricht der Synchroncutter Robert Arntz über das Taken:
Während der Aufnahme der Takes ist immer auch ein Cutter, bzw. eine Cutterin zusammen mit der SchauspielerIn im Synchronatelier anwesend. Er oder sie achtet stets darauf, ob sich der eingesprochene Text auch simultan zum Bild verhält. Ist dies nicht der Fall, wenn zum Beispiel der Schauspieler das erforderliche Tempo nicht ganz einhält, kann direkt präzises Feedback zur Geschwindigkeit geben. Hat man den Film nicht vorher schon selbst in Takes unterteilt hat, schaut der oder die Ateliercutterin sich den Streifen in der Regel vorher an, was aber nicht zwingend nötig ist. Man muss unter Umständen auch entscheiden ob Takes spontan getrennt oder zusammengelegt werden. In jedem Fall muss im Aufnahmeraum abgewägt werden, ob die Aufnahme verwertbar ist. Muss der Take erneut eingesprochen werden oder führt gegebenenfalls die Bearbeitung im Schnitt zu einem befriedigenden Resultat?
Zwischen Synchronregie und Schauspiel nimmt der Synchronschnitt im Aufnahmeraum damit die Vermittler Rolle ein. Dabei ist oft Einfühlungsvermögen gefragt, gerade wenn es zu Missverständnissen zwischen den beiden anderen kommt. Eine erfahrene CutterIn vermag so, den Aufnahmeprozess für alle beteiligten angenehmer zu gestalten. Gerade bei langen und schwierigen Produktionen ist eine gute Stimmung im Synchronatelier besonders wichtig. Darüber hinaus hat der oder die Cutterin die jeweilige Tagesdisposition im Auge, vermerkt Textänderungen im Cutterbuch und ist für die Buchhaltung des Synchronateliers verantwortlich.
Hier spricht der Synchroncutter Robert Arntz über seine Aufgaben im Aufnahmeraum:
Wenn die Synchronaufnahmen alle im Kasten sind, wird der neue Ton im Synchronschnitt unter das Bild gelegt. Dabei überprüft er oder sie sorgfältig die Position der neuen Tonschnipsel, damit der nachsynchronisierte Film dasselbe Gefühl transportiert wie die ursprüngliche Fassung. Hierbei muss mitunter noch ein bisschen Feintuning betrieben werden, damit jedes Wort auch an der richtigen Stelle landet. Die Aufnahmen werden sozusagen auf die Lippen maßgeschneidert. Im letzten Schliff werden kleine Mängel wie Atem- und Schmatzgeräusche entfernt und die Lautstärken auf allen Aufnahmen angeglichen. Kurz gesagt, im Schnitt wird alles dafür getan die Illusion, dass die zusehenden Figuren tatsächlich deutsch sprechen, aufrecht zu erhalten. Die vielen Tonspuren werden im Schnitt direkt vorsortiert, sodass für die anschließende Tonmischung alles leicht zu überblicken ist. Schließlich kommt bei den vielen Takes und Hintergrundgeräuschen so einiges zusammen, für dessen Vereinfachung die Belegschaft der Tonmischung äußerst dankbar ist.
In diesem Video spricht Robert Arntz über die Arbeit des Synchronschnitts:
Der oder die Tonmeister*in schafft die nötigen Rahmenbedingungen für das reibungslose Synchronisieren im Atelier. Dazu gehört der korrekte Aufbau der Technik; die passende Ausrichtung von Mikrofon und Popschutz, Wahrung des Abstandes zum Sprecher, Einhalten des gewünschten Lautstärkepegels. Kurz – alle Faktoren damit die Aufnahmen nicht übersteuern oder gestört werden. Ein gut geschultes Gehör ist während der Synchronisation besonders wichtig. Anpassungen am Klang durch Kompressoren und Equalizer sollten sparsam verwendet werden, schließlich soll der Tonmischung nicht vorgegriffen, sondern eine klare Aufnahme erzielt werden. Damit hat man bei der späteren Verwendung der Takes alle Möglichkeiten offen.
Neben der optimalen Akustik, sorgt der oder die Tonmeister*in für den fließenden Ablauf der Takes. Schließlich ist das Ziel der ganzen Maschinerie die Szenen authentisch zu vertonen. Damit sich der oder die Sprecher*in beim Synchronisieren voll und ganz aufs Spielen konzentrieren kann, müssen in der Tonmeisterei alle Handgriffe sitzen ohne das Schauspiel einzuschränken. Dementsprechend kommt der oder die Tonmeister*in als erstes, geht als letztes und fungiert dazwischen auch als Vermittler zwischen Regie und Sprecherkabine.
Hier erzählt euch Tonmeister Maximilian Wolf-Salari von seinem Beruf:
Im letzten Arbeitsschritt wird das originale Bildmaterial mit dem neusynchronisierten Ton vereint. Die ursprüngliche Tonmischung dient dabei als Vorlage und hilft, dramaturgische Überlegungen nachvollziehen und in die neue Sprache zu adaptieren. Die neue Mischung erreicht den oder die Mischtonmeister*in zunächst in den Versatzstücken Dialog, Musik und Effekte. Beim Abmischen wird dadurch sichergestellt, dass die Szenen so klingen, wie sie aussehen. Wie sind die Räume beschaffen? Gibt es Hall oder Echo? Spielt die Szene in einer gemütlichen Stube, ist der Ton eher gedämpft? Oder gar in einer feuchten Höhle, in der es tropft? Akustische Entfernungen werden angepasst und Spezialeffekte geschaffen, etwa bei Stimmen übers Telefon. Die einzelnen Teile werden so zu einem runden Ganzen zusammengeführt, um die Mischung möglichst „unsichtbar“ zu gestalten. Es soll der Eindruck entstehen, als würde würde man den Ton vom Set hören und die Schauspieler tatsächlich die gewünschte Sprache sprechen. Während der Mischung fungiert ein Tonsystem als Zuspieler, ein zweites zeichnet den gemischten Ton auf. Je nach Anforderung können die Kanäle dann als 5.1, Dolby Surround oder Stereo abgemischt werden.
Zum exklusiven Einblick in die Arbeit von Mischtonmeister Christoph de la Chevallerie, hier entlang:
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