Mit wenig Aufwand und geringen Kosten gute Sprachaufnahmen herstellen ist gar nicht so kompliziert. Wir zeigen Euch in diesem Beitrag, wie das geht und was es zu beachten gilt. Alles was Ihr braucht ist ein günstiges Mikrofon, ein paar Decken, Stühle und Leiter. Der Sound den wir mit einfachsten Mitteln hergestellt haben (wir waren selbst vom Ergebnis überrascht) ist ziemlich gut und mehr als ausreichend für eigene Youtubevideos, Erklärfilme, Webinare, usw.
Wir haben eine Benchmark aufgebaut und jedes Mal den gleichen Text eingesprochen. Alle Soundfiles sind, bis auf den Pegel (den haben wir angeglichen), völlig unbearbeitet.
Hinweis: Um die Soundfiles gut bewerten zu können, sollte man eine vernünftige Abhöre verwenden. Kopfhörer oder aber gute Lautsprecher. Auf einem Handy bekommt man zwar einen Eindruck, die Nuancen sind aber sicherlich nur schwer wahrnehmbar.
Hier zuerst das finale Ergebnis. Wie man hört, ist das ein ziemlich solides Signal, fast Studioqualität. Einige Sprecher, die professionell unterwegs sind, liefern einen schlechteren Sound als das hier.
Auf dem Bild seht Ihr unsere Basis. Ein Tisch, ein Stuhl, darauf das Mikrofon und das Notebook. Die Lampe dient nur der Beleuchtung für die Fotos.
Was braucht man für die „Sprachkabine“ – Grundausrüstung
Vorab. Wir haben eine einzige direkte Investition getätigt und das war das RODE NT-USB (Bei Thomann) Mikrofon. Das Teil kostet um die 180,00 Euro und hat ein sehr schönes Feature, dass ist die Klinkebuchse direkt am Mikrofon für den Kopfhörer. Damit hat man kein Delay, wenn man sich selbst abhört. Für Sprecher ist das sehr angenehm.
Das Mikrofon wurde mit einem HP-Elitebook verbunden. Ich gehe davon aus, dass jeder irgendeinen Rechner/Notebook hat. Wir haben die Soundkarte des Notebooks benutzt (Realtek High Definition Audio).
Wir haben die kostenfreie DAW „Audacity“ (Hier ein Download) verwendet. Die DAW ist gut und einfach konstruiert. Damit für einfache Sprachaufnahmen völlig ausreichend.
Zusätzlich haben wir einen normalen Tisch, drei Stühle und einige Decken, sowie eine Leiter und einen Kleiderständer benutzt. Also alles was irgendwie zur Hand war, um eine reale Situation nachzustellen.
Der Raum – im Original ein mieser Sound
Der Raum ist unser Besprechungsraum und hat die Maße 4,8m x 7,2m. Wir haben den vorderen Bereich gewählt in dem ein Teppich liegt. Somit haben wir schon mal von unten etwas Dämmung. Der Raum selbst scheppert und hallt aus der Hölle! Das ist so mies und damit für unser Projekt nahezu perfekt.
Hier der Ursprungssound, auf dem wir nur den Teppich drin haben und der blanke Tisch mit dem Mikrofon drauf. Das hört sich so an, wie man es von einem großen Raum erwartet.
Los geht’s – Aufbau der Sprachkabine Stück für Stück
Zuerst die Aufnahme ohne jegliche Aufbauten. Nur der Teppich liegt drunter. Wie man hören kann, ist das echt übel. Der Raum (siehe oben) hallt schon mal, dann noch der glatte Tisch drunter, links, rechts, oben unten, überall recht glatte Wände mit wenig bis gar keinen Streuungen.
Hier nun der Sprecher (Mike Götze) in der Position. Wir haben eine Sitzende Situation gewählt. Die meisten Sprecher nehmen stehend auf und haben die Hände frei. In unserem Beispiel haben wir Papier benutzt und nicht gestikuliert. Das kommt der Situation für Nachbauten am nächsten.
Das Soundfile hatten wir bereits etwas weiter oben präsentiert, nur der Vollständigkeit halber hier noch mal. Der komplette Raum ist drauf, es hallt böse und ist sicherlich ein Signal, mit dem einige von Euch zu kämpfen haben.
Phase 2
Wir haben zuerst eine Decke komplett über den Tisch gelegt. Die Reflektion vom Tisch ist ziemlich heftig. Wenn man mit Tisch arbeitet und im Sitzen aufnehmen möchte, dann sollte ein Tisch in dieser Größe unbedingt bedeckt sein.
Dadurch, dass ringsum alles frei ist, bringt das akustisch erstmal gar nichts. Später, wenn man aber vorn, hinten und die Seite abgehangen hat, würde der Tisch sich bemerkbar machen.
Phase 3
Im Anschluss zwei Lederstühle auf dem Tisch platziert und eine Decke darüber gespannt. Wenn Ihr Euch jetzt fragt, wie wir das so fein befestigen konnten. Tesaband oder eine der vielen Alternativen. Einfach die Decken festkleben. Hält super und lässt sich auch recht einfach wieder entfernen.
Das ist Platztechnisch alles auf Kante genäht. Viel Raum hat man nicht, aber es reicht. Wenn Ihr mehrere Leitern habt, kann man auch jeweils eine Leiter links und rechts von Tisch platzieren, dann hat man auf dem Tisch mehr Platz.
Dieses Bild zeigt bereits die Vorbereitung für die Abdeckung im Rücken des Sprechers. Die Leiter links und rechts ein Kleiderständer, der mit einem Ledersessel beschwert wurde, damit er nicht umkippt.
Hinten sieht man die rote Decke über den Stühlen. Diese schließt mit der Decke auf dem Tisch ab. Somit ist aus Sicht des Mikrofons nach unten, nach hinten und etwas nach oben abgeschirmt.
Im Test 2 kann man hören, dass wir immer noch enorm viel Raum drauf haben, es gab eine leichte Verbesserung im Vergleich zum Test1.
Phase 5
Wird doch langsam. Die Rückwand ist fertig und nur noch oben und an den Seiten ist offen. Auf diesem Bild kann man gut sehen, dass der Sprecher komplett hinten und vorn abgeschirmt ist.
Im Test 3 Soundfile ist eine weitere kleine Verbesserung zu hören. Immer noch hallte es recht ordentlich. Daraus wird klar, dass sobald zwei gegenüberliegende Seiten direkt reflektieren können, es immer harten Hall gibt. Dieses Soundfile ist immer noch nicht verwertbar.
Phase 6
Unser Kissentest. Nicht schlecht. Wenn man keine weiteren Decken zur Hand hat, tut es auch so ein Kissen. Die finale Herausforderung war, dass über die Seiten noch einiges an Hall reinkam. Also musste zumindest eine Seite geschlossen werden.
Im Test 4 Soundfile kann man eine gute Verbesserung zum vorherigen hören.
Phase 7
Okay. Fertig! So sieht es final aus. Vorn, hinten und an der rechten Seite geschlossen. Nach oben und links offen. Der Sprecher hat das Mikrofon etwas rechts positioniert und spricht in die geschlossene Ecke, also etwas nach rechts.
Den Raum muss man nicht komplett zu machen, irgendwann ist der Sound dann auch tot und hört sich nicht mehr gut an. Das ist ein häufig gemachter Fehler. Der Raum wird quasi totgedämmt. Etwas Raum kann und sollte für einen guten Sound drauf sein.
Phase 8
Wir haben noch ein weiteres Testfile aufgenommen und dabei neben der Seitendecke auch das Kissen in die Ecke gestellt. Der Unterschied ist gering bis nicht vorhanden. Die einzig weitere deutliche Veränderung wäre erreichbar, wenn man auch noch oben drauf eine Decke legen würde.
Test 6 hört sich, wie bereits erwähnt, fast wie das Test 5 Soundfile an.
Fazit - gutes Gesamtergebnis
Wir (zwei Personen) haben, um den Aufbau zu dokumentieren natürlich einiges an Zeit für die Fotos und das Licht benötigt. Der Gesamtaufwand betrug etwa 1 Stunde. Wenn wir die Fotos nicht gemacht hätten, wäre der Aufbau in weniger als 15 Minuten abgeschlossen. Alleine wird der Aufbau sicher machbar, aber doch deutlich komplizierter sein.
Das Ergebnis kann sich hören lassen. Für das sehr günstige Equipment haben wir brauchbare Aufnahmen erhalten, mit denen man gut arbeiten kann.
Ich kann mir gut vorstellen, dass man in einem kleineren oder zugestellten Raum weniger Aufwand betreiben muss. Gut möglich, dass man einen offenen Schrank abhängen kann oder eine Decke an einer Lampe befestigt. Der Aufbau kann modifiziert werden, die Möglichkeiten sind riesig.
Hier ein Beitrag, wie man eine eigene professionelle Sprachkabine bzw. Studio baut. Da gehen wir auch auf Körperschall ein und wie man die Umgebungsgeräusche in den Griff bekommt.
Die Vor- und Nachteile
Vorteile. Zum einen hat man für 180,00 Euro Investition einen recht guten finalen Sound, zum anderen lässt sich dieser Aufbau so ziemlich überall nachstellen und kostet fast nichts. Ob im Hotel, zu Hause, im Büro oder im kleinen Zimmer, man kann sowas überall nachbauen.
Für Projekte wie z.B. Youtube-videos oder andere Onlinevideos ist meist wenig Budget vorhanden und dafür ist der Sound ziemlich gut. Auch für Sprecher, die im Urlaub oder unterwegs sind, kann das durchaus praktikabel sein.
Nachteile. Der Sound ist gut, aber noch ein gutes Stück vom Profistudio entfern. Auf Körperschall und Außengeräusche sind wir gar nicht eingegangen. Wenn ein Auto vorbeifährt, hat man das mit drauf. Wenn jemand im Nebenraum laut hustet oder spricht, ist das auch mit drauf. Man benötigt also eine ruhige Umgebung.
Schwer wiederholbar. Es gibt Projekte, bei denen Änderungen oder Anpassungen durchgeführt werden müssen. Dafür möchte man in der Regel den gleichen Sound liefern. Dazu gehört neben den gleichen Einstellungen bei AMP und Mikrofon auch die Positionierung des Sprechern, der Abstand zu Mikrofon und natürlich der gleiche Raum. In diesem Beispiel, wird man kaum die Decken wieder gleich abhängen oder die Abstände einhalten.
Nachmachen – was muss ich beachten
Hier kurz die wichtigsten Punkte:
Computer mit Soundkarte und das Mikrofon
Genug Decken, Stühle, Tisch, Leiter usw.
Nicht totdämmen
Immer in die Richtung/Ecke sprechen, die von allen Seiten geschlossen ist
Das Setting fotografieren, um es nachbauen zu können (für ähnlichen Sound)
Damit wirst du monatlich über die neuesten Blogbeiträge informiert.
Melde dich jetzt an!
Vielen Dank für deine Anmeldung.
Das Team der
Media Paten
Unser Business sind Ton und Tonrechte. In diesem Themenbereich geben wir Hilfestellung für eigene Projekte und erläutern technische, rechtliche und psychologische Hintergründe.
Die Familie der Media Paten hat eine Leidenschaft: den Ton. Diese Leidenschaft teilen wir mit vielen Leuten da draußen, die im Herzen mit zur Familie gehören. In diesem Themenbereich nehmen wir uns Zeit für die Familie der Tonbegeisterten, lassen unsere Leidenschaft aufflammen, geben Einblicke hinter die Kulissen und zeigen, was mit Ton alles möglich ist.
Die Media Paten lieben Synchron! In dieser Rubrik stellen wir einzelne Sprecher persönlich vor und beleuchten Ihre Arbeit in der Branche.
Abteilung Lachen! Selbst kreierte Comedy, Idee, Script, Grafik, Umsetzung.
Ja genau, den Film hat doch der Typ ohne Haare synchronisiert oder war das der Andere? Wenn Sie´s wüssten würden Sie das hier vielleicht gar nicht lesen! Hier bekommen Sie ein Blick hinter die Kulissen, Hintergrundinfos und Synchroninterviews mit bekannten Synchronsprechern und Stimmen.