Seine dunkle Klangfarbe war von einer besonders einnehmenden Art. Sie vermittelte nicht nur Autorität, sondern war auch von einer Wachheit, die von einem regen Innenleben zeugt. Mit ihrer leichten Rauheit eignete sich diese Stimme für interessante, vom Leben gezeichnete Figuren.
Die Rede ist vom einzigartigen Bernd Rumpf. Als Lehrer für Zaubertränke flößte die Sprecherkoryphäe einer ganzen Generation von „Harry Potter“-Fans Respekt ein und schlug in knallharten Actionrollen auch mal brachiale Töne an. Dass seine Figuren im Kern edle Beweggründe besitzen, vermochte Rumpfs Timbre mit einer gewissen Wärme zu transportieren. Aber auch für vornehme und gebildete Charaktere war er treffend besetzt. Bernd Rumpf war ein wahrhafter wandelbarer Schauspieler, der 2019 im Alter von 72 Jahren seine Berufung für immer einstellen sollte. In Gedenken an ihn erfreuen wir uns in diesem Rückblick an den unsterblichen Stationen seines Lebenswerks. Danke für alles.
Eigentlich wollte sich Bernd Rumpf nie am „Rat-Race“, wie er es nennte, um die bekannten Synchronrollen beteiligen. Doch seine Frau, Schauspielerin Roswitha Dost, war beharrlich – und wir als Synchron-Fans sind ihr dafür unendlich dankbar! Unser Blogbeitrag gibt Auskunft über die Besonderheiten seiner Paraderollen und vergleicht auch die Originalstimme von Alan Rickman mit der seines ersten Synchronsprecher Erich Hallhuber und – nach dessen plötzlichem Tod – seiner zweiter Feststimme Bernd Rumpf. Doch zuerst lassen wir in diesem Interview den Verstorbenen selbst zu Wort kommen.
Hier ist unser exklusives Media-Paten-Interview mit Synchronsprecher Bernd Rumpf:
„Wenn Sie meine Tochter jetzt freilassen, ist die Sache erledigt. Aber wenn nicht, werde ich Sie jagen, ich werde Sie aufspüren und ich werde Sie töten.“ – Bernd Rumpf als Liam Neeson in „Taken“ (2008)
Ein klassischer Action-Plot: Die Tochter des Helden wird entführt, er kehrt aus dem Ruhestand zurück und gibt den bösen Buben Saures! So schon tausendmal gesehen, ob im Action-Klassiker „Das Phantom-Kommando“ (1985) mit Arnold Schwarzenegger oder „Kopfgeld“ (1996) mit Mel Gibson. Aber noch nie zuvor in einer solchen Dringlichkeit. Bernd Rumpf synchronisierte den britischen Schauspieler Liam Neeson, der sich hauptsächlich mit Charakterrollen (Nell, 1994; Schindlers Liste, 1993) einen Namen machte. Seit seiner Rolle als Jedi Qui-Gon Jinn im ersten Star Wars Prequel „Die dunkle Bedrohung“ jedoch, spielt er vermehrt Actionrollen. Und seit der oben zitierten Rolle als Bryan Mills mimt er zuverlässig den kompromisslosen Racheengel, der um jeden Preis seine Familie (Taken1-3, Run all Night, 2015) oder seine Peergroup (The Grey - Unter Wölfen, 2011; Non-Stop, 2014) beschützt. Natürlich mit jeder Menge Waffengewalt und nicht ohne blanken Fausteinsatz.
Bernd Rumpf als Liam Neeson im bereits dritten Teil von "Taken" (2015):
Dabei geht der typische Neeson-Actionfilm laut seinem Synchronsprecher Bernd Rumpf psychologisch immer in mehrere Ebenen gleichzeitig. Er sei nie, wie er uns im Interview verriet, eindeutig und bleibe daher immer interessant.
Bernd Rumpf hat Liam Neeson übrigens einmal auf der Berlinale getroffen, wie er uns im Interview verriet. „Ah, you are that!“, soll dieser gesagt haben, als sich Rumpf als seine deutsche Synchronstimme vorstellte. Das war zur Premiere des Biopics „Kinsey“ (2004), über den gleichnamigen amerikanischen Sexualforscher. Ein unterschätzter Film, wie Bernd Rumpf findet. Einmal jedoch, so Rumpf weiter, hat sich Liam Neeson nicht gerade mit schauspielerischem Ruhm bekleckert, was aber nicht unbedingt an seiner fehlenden Darstellerkunst gelegen hat. Im schon erwähnten ersten Star Wars Prequel „Die dunkle Bedrohung“ (1999) habe er eine sehr bescheidene Vorstellung gegeben. Neeson selbst hat in einem Interview beklagt, während des Drehs nur unzureichend gebrieft worden zu sein. Damals wie heute wird „Die dunkle Bedrohung“ für ihren übermäßigen Einsatz von CGI kritisiert, der es den Schauspielern fast unmöglich machte, mit ihrer Umgebung zu interagieren. Überwiegende Teile des Films wurden ausschließlich vor blauen Wänden in fast leeren Studios gedreht. Oft wussten die Schauspieler nicht, wie ihr animierter Gegenüber überhaupt aussah oder welche Mimik er machte.
Dennoch hatte die Dunkle Bedrohung sowohl für Liam Neeson, als auch für Bernd Rumpf große Vorteile gebracht: Neeson wurde fortan oft für Actionfilme gebucht und Bernd Rumpf war von dort an als seine Feststimme gesetzt. Zuvor hatte er sich in der Synchronisation mit Kollege Helmut Gauß abgewechselt. Ein größeres Casting vor Beginn der Synchro entschied er allerdings für sich. Nach Rumpfs Ableben 2019 wird die Synchronisation des irischen Schauspielers von Helmut Gauß übernommen.
Bernd Rumpf als Stimme von Alan Rickman
Alan Rickman war ein Schauspieler, der seit jeher von verschiedenen Sprechern synchronisiert wurde. Er hatte lange Zeit keine zugeordnete Feststimme in der deutschen Synchronisation. In seiner ersten großen Kinorolle als Bösewicht Hans Gruber in „Stirb langsam“ (1988) wurde er von Lutz Mackensy gesprochen, als Sheriff von Nottingham in „Robin Hood – König der Diebe“ (1991) von Peter Fricke und für die DVD-Fassung des Films von Lutz Riedel. Auch Lothar Blumhagen sprach ihn mehrmals, z. B. in der Star Trek-Parodie „Galaxy Quest“ (1999) oder „Tatsächlich… Liebe“ (2003). Schauspieler Erich Hallhuber, der auch sporadisch als Synchronsprecher gefragt war, übernahm schließlich die Rickmans Rolle in den Harry Potter-Filmen als Zauberlehrer Prof. Severus Snape. Allerdings nur in den ersten beiden Filmen, 2003 starb Hallhuber überraschend und viel zu früh im Alter von nur 52 Jahren an den Folgen eines epileptischen Anfalls. Daraufhin gab es ein neues Casting, das Sprecher Bernd Rumpf für sich entscheiden konnte, der Rickman schon im Ang Lee-Film „Sinn und Sinnlichkeit“ (1995) sprach. In den späteren 6 Potter-Filmen (eigentlich 5, aber die Handlung des letzten Buchs, „Die Heiligtümer des Todes“, wurde auf zwei Filme aufgeteilt), als auch in weiteren Rickman-Rollen war er von dort an als Feststimme gesetzt.
Hier hören wir die Originalstimme von Alan Rickman in der Rolle von Prof. Severus Snape aus dem Harry Potter-Film „Stein der Weisen“(2001):
Und hier im Vergleich die Synchronisation von Erich Hallhuber, dem ersten Sprecher von Alan Rickman als Severus Snape in den ersten beiden Potter-Verfilmungen „Stein der Weisen“ (2001) und „Kammer des Schreckens“ (2002) spielte:
Und hier die zweite Synchronstimme von Alan Rickman – Sprecher Bernd Rumpf. Er übernahm auch die Rolle von Severus Snape ab dem dritten Potter-Film „Der Gefangene von Askaban“, Das Hörbeispiel ist aus dem 6.ten Potter-Film „Heiligtümer des Todes Teil 2“:
Bernd Rumpf orientierte sich vor dem Casting für die Rolle von Severus Snape nicht der Originalstimme von Rickman, sondern an seinem verstorbenen Vorgänger Erich Hallhuber. Das war genau die richtige Entscheidung – er erhielt den Zuschlag. Bernd Rumpf muss sich keineswegs hinter der Hallhuber-Interpretation verstecken. Ein Unterschied ist kaum hörbar – ein ausgesprochenes Kompliment an den Sprecher!
Leider starb der britische Schauspieler Alan Rickman im Frühjahr 2016 viel zu früh an einer Krebserkrankung. Seine letzte Rolle sprach Bernd Rumpf im Tim Burton Film „Alice im Wunderland – Hinter den Spiegeln“ (2016) als Raupe Absolem, die er auch schon in der ersten Neuverfilmung von 2012 verkörperte.
Hier sehen wir Bernd Rumpf als Severus Snape in einem Ausschnitt aus dem 6. Potter-Film „Heiligtümer des Todes Teil 2“. Snape wird in der Szene aus der Zauberschule Hogwarts vertrieben:
Markante Schauspieler wie Alfred Molina oder Ciarán Hinds („There Will Be Blood“, „Dame, König, As Spion“) kennt man von starken Darbietungen, meist aus der zweiten Reihe. Bernd Rumpfs tiefes Timbre eignete sich hervorragend für diese Charakterdarsteller. Alfred Molina sprach er sogar in der Hauptrolle als Hercule Poirot, Agatha Christies weltberühmter Detektiv („Mord im Orient-Express“, 2001). Molinas Hang zu schurkischen Rollen frönte Rumpf als konservativer Bürgermeister des französischen Dorfes von „Chocolat... ein kleiner Biss genügt“ (2000) sowie als intriganter Opus Dei-Bischof, der in „The Da Vinci Code – Sakrileg“ (2006) im Hintergrund die Fäden zusammenhält. Darüber hinaus vertonte Bernd Rumpf den Briten mal als Teil des internationalen Allstar-Teams von Inspektor Clouseau in „Der rosarote Panther 2“ (2009) oder moralisch ambivalenter Scheich Amar in „Prince of Persia: Der Sand der Zeit“ (2010) sowie an der Seite von Zauberer Nicolas Cage in „Duell der Magier“ (2010). Zuletzt lieh ihm Rumpf die Stimme im Politdrama „Der Spitzenkandidat“ (2018) als Washington Post-Chef Ben Bradlee.
Bernd Rumpf ist der Überzeugung: Man nimmt einem Schauspieler in der Synchronisation etwas Wesentliches weg - seine Stimme. Und die Aufgabe des Synchronsprechers sei es, sie ihm wieder zurück zu geben. Dabei gibt es aber Wichtiges zu beachten: zu 80 Prozent kann man seiner Originalstimme Nahe kommen, mehr ist nicht zu schaffen. Es fehle einfach die Unmittelbarkeit, meint Rumpf, die Aussage des Schauspielers also zu übersetzen bleibt genau das: eine Übersetzung. Mehr als „80 Prozent“ schafft man nur, in dem man sich mit der Stimme vor das Gesicht des Schauspielers drängt. Als Beispiel seien hier die deutschen Fassungen der alten Bud Spencer und Terence Hill Filme genannt. Oder die Synchronisation der ersten Star-Trek-Serie aus den 60er Jahren mit Leonard Nimoy und William Shatner. Oder die Krimiserie „Die Zwei“ mit Roger Moore. In all diesen Synchronisationen sprechen die Synchronsprecher nicht nur weitaus mehr Text als die Originalschauspieler, sie sprechen auch inhaltlich teilweise komplett andere Sachen. Hier werden Witze gemacht, die im Original nicht vorhanden sind und vor allem wird die Stimmung der Serie oder des Films komplett verändert bzw. überzeichnet.
Beispielhaft sehen wir folgenden Ausschnitt aus der Start-Trek-Synchro: ein leicht augenzwinkerndes, doch in der Tonalität recht seriöses Gespräch zwischen Mr. Spock und Cpt. Kirk wird in der deutschen Synchronisation zu einem fast klamaukhaften Dialog umgetextet. Findet der Humor des kurzen Gesprächs im Original auf sehr subtiler Ebene statt und hauptsächlich durch die leichte Mimik der Schauspieler, geht die deutsche Synchro ein wenig mit dem Holzhammer drüber. Das Ergebnis ist durchaus unterhaltsam, im Ton der Serie glaubwürdig, aber sie entspricht allerdings sicher nicht der ursprünglichen Intention der Drehbuchautoren oder der Regie. Gesprochen wurden Cpt. Kirk und Mr. Spock übrigens von Gerd Günther Hoffmann (1929-1997) und Herbert Weicker (1921-1997).
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